Zum 31.12.2018 tritt beim gegenwärtigen Rechtsstand im Hinblick auf alle Ansprüche wegen Dieselgate (fehlerhaftes Fahrzeug), Updategate (durch das Update verursachte Schäden am Fahrzeug) und Valuegate (Wertverlust durch z.B. Fahrverbote) Verjährung ein. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen hatte mit der BT-Drucksache 19/2743 unter der Federführung von Dr. Manuela Rottmann beantragt, die gesetzliche Verjährung von 30 Jahre auf die Fälle zu erstrecken, in denen der Vertragsgegenstand nicht der öffentlich-rechtlichen Genehmigung entspricht. Der Bundestag hat am 14.06.2018 diesen Entschließungsantrag zurückgewiesen.
Die Ergebnisse der Wahlen in Bayern und Hessen sowie Umfragen (z.B. ARD-DeutschlandTREND Oktober 2018, Folie 3) zeigen, dass die Bürger der „Dieselpolitik“ der Bundesregierung nicht zustimmen. Angesichts des weiteren vielschichtigen Handlungsbedarfs hat die Politik reagiert:
Auf dem 31. Bundesparteitag der CDU am 07.12.2019 und 08.12.2018 in Hamburg ging es in mehreren Anträgen um die Aktivitäten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und die „Dieselpolitik„. Auch nach dem Parteitag wurden diese Themen auch von dritter Seite aufgegriffen:
- Der CDU-Bezirksverband Nordwürttemberg hat für den Bundesparteitag der CDU am 07.12.2018 und 08.12.2018 beantragt, dass die Partei sich dafür einsetzen möge, der DUH die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Innerhalb des CDU-Bezirksverbands haben mehrere deutsche Automobilhersteller und Zulieferer ihren Unternehmenssitz. Der Bezirksvorsitzende Steffen Bilger aus Ludwigsburg ist parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister. Dieser, Andreas Scheuer (CSU), hat sich in der Vergangenheit mehrfach deutlich gegen Fahrverbote und Nachrüstungen alter Diesel positioniert. Ehrenvorsitzender der CDU Nordwürttemberg ist Matthias Wissmann, der in den Neunzigerjahren Bundesverkehrsminister war und später mehrere Jahre Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Danach wechselte er als Präsident zum Weltverband der Automobilindustrie OICA. (FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung am 19.11.2018)
- Zur Aufarbeitung der „Dieselthematik“ bzw. Dieselgate hat die Antragskommission für den Bundesparteitag der CDU am 07.12.2018 udn 08.12.2018 die Anträge C 84, C 149 und C 175 zusammengefasst: „Die CDU Deutschlands spricht sich dafür aus, dass der Wertverlust oder die Mobilitätseinscheinschränkung der betroffenen Käufer von Dieselfahrzeugen in Städten mit hoher Stickoxidbelastung ausgeglichen wird und es eine Verpflichtung der Automobilindustrie zur Hardware-Nachrüstung für Dieselfahrzeuge gibt, welche die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxid-Emissionen nicht einhalten, soweit dies technisch realisierbar ist. Fahrverbote müssen vermieden werden und die Verhältnismäßigkeit gilt es zu achten.“
- Die Antragskommission empfiehlt dem Bundesparteittag der CDU am 07.12.2018 und 08.12.2018 in Hamburg, den Antrag C 113 – BezV Nordwürttemberg in der folgenden Fassung anzunehmen: „Die CDU Deutschlands fordert zu prüfen, ob die „Deutsche Umwelthilfe“ noch die Kriterien für die Gemeinnützigkeit erfüllt.“ Im Antrag C 114 heißt es: „Die Möglichkeit zur Erhebung von Verbandsklagen im Verwaltungsprozessrecht für die Deutsche Umwelthilfe ist abzuschaffen.“ (Antragsbroschüre, Seite 174)
- Der „FDP-Chef“ Christian Lindner und der Bundestagsabgeordnete haben offenbar vor 07.12.2018 das Positionspapier „6-Punkte-Plan für eine Diesel-Garantie Sicherung der Mobilitäts- und Eigentumsrechte von Diesel-Fahrern“ vorgestellt. Darin wird eine teilweise Abkehr vom Verursacherprinzip und Rechtsstaatsprinzip ins Gespräch gebracht. Im Ergebnis führt das aber auch zu einer „Diesel-Garantie“ für Kfz-Halter. (Rheinische Post – RP Online vom 07.12.2018)
- Der Bundesparteitag der CDU hat am 08.12.2018 nach einem Bericht vom Handelsblatt beschossen, dass die CDU in der Bundesregierung und die „Unions-Fraktion“ sollten „Darauf hinwirken, dass bereits etatisierte Mittel, die noch nicht verbindlich zugesagt wurden, mit einem Sperrvermerk versehen werden und in künftigen Haushalten keine Mittel mehr für die DUH etatisiert werden.“ Zudem will die CDU prüfen lassen, ob die DUH weiterhin als gemeinnützige Organisation anerkannt werden sollte.
- Soweit ersichtlich, hat sich der Bundesparteitag nicht umfassend mit der Frage befasst, ob die Hersteller wie z.B. Audi, BMW, Daimler, Porsche, SEAT, Skoda und die handelnden Personen – soweit verantwortlich – nach dem Verursacherprinzip haften sollen. Es ging aber um die Diesel-Nachrüstungen. Dazu heißt es laut Spiegel vom 09.12.2018: „Die CDU will, dass sich die Autoindustrie zu Hardware-Nachrüstungen für vom Abgasskandal betroffene Dieselfahrzeuge verpflichtet – mit der Einschränkung: „soweit dies technisch realisierbar ist“. Der Wertverlust betroffener Käufer soll nur in Städten mit hoher Stickoxidbelastung ausgeglichen werden, um Autobauer und Steuerzahler nicht übermäßig zu beanspruchen.“
- Reaktionen aus den anderen Bundestagsparteien (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Der Vize-Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, fordert einen Förderstopp – und sieht insbesondere die Union am Zug, diesen innerhalb der Bundesregierung durchzusetzen. „Wie soll man denn den Bürgern erklären, dass ein Staatssekretär der Bundesregierung die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe in Frage stellt, der wirtschaftspolitische Sprecher einer Regierungsfraktion sie gar semikriminell nennt, aber die Bundesregierung weiter munter Fördergelder an die DUH vergibt“, sagte Theurer dem Handelsblatt. „Wenn die Union es ernst meint, muss sie diesem Treiben ein Ende bereiten.“
Der Spitzenkandidat der FDP in Brandenburg für die Europawahl, Martin Linder, griff DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch scharf an. „Der Resch von der Umwelthilfe tanzt von einem Gerichtssaal zum anderen. Erwirkt hirnrissige Dieselfahrverbote auf einzelnen Stassen und sogar Autobahnabschnitten. Wo ist seine demokratische Legitimation?“, schrieb Lindner auf Twitter und forderte: „Staatliche Förderung sofort abstellen und Verbandsklagerecht überprüfen!“ (Handelsblatt 02.12.2018) - „Die CDU kann das fordern, aber nichts in die Wege leiten“, sagte der Sprecher der Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Das entscheiden ausschließlich die Finanzbehörden“. Das Ministerium wolle die Förderung der DUH nicht streichen: „Wir werden wie immer die Fördermittel projektbezogen anschauen und wie in der Vergangenheit bewilligen.“ (FAZ am 09.12.2018)
- Die Grünen reagierten mit scharfer Kritik auf das Vorgehen der CDU. „Wenn eine Regierungspartei einem Verband die Gemeinnützigkeit aberkennen will, weil der die Einhaltung von Gesetzen einklagt, dann sind nicht nur Umwelt & Gesundheit sondern auch der Rechtsstaat in Gefahr“, schrieb Fraktionsvize Oliver Krischer auf Twitter. Er zog zugleich einen Vergleich zum ungarischen Ministerpräsidenten und dessen Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen. „Viktor Orban ante portas“, so Krischer laut Handelsblatt am 08.12.2018. Ähnlich deutlich äußert sich Renate Künast auf Twitter. Renate Künast moniert wohl in einem weiteren Tweet, dass es keine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema Dieselgate und seinen Verursachern sowie Auswirkungen auf Millionen von Kfz-Haltern (Valuegate und Updategate) gibt. Auch die Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte die CDU scharf. „Just nachdem sich die CDU für ihre innerparteiliche Demokratie feierte, will sie zivilgesellschaftlichen Akteuren ihre Arbeitsgrundlage entziehen – aus politischen Gründen. Das ist zynisch.“ In Deutschland werde „aus gutem Grund die Frage von Gemeinnützigkeit nicht politisch entschieden“. Die „unliebsamen Fahrverbote„ würden von Gerichten verhängt, weil sich die Regierung – namentlich die Union – weigert, politisch zu handeln“ (FAZ am 09.12.2018).
- Die beiden Beschlüsse des 31. Bundesparteitag der CDU zur Deutschen Umwelthilfe vom 08.12.2018 hält Prof. Dr. Wieland von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer für rechtlich problematisch. Er sagte dem Handelsblatt am 10.12.2018: „Fördermittel des Bundes werden nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes vergeben.“ und „Die Streichung von Fördermitteln wegen der von der DUH angestrengten rechtmäßigen Klagen wäre ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.“
- In der Fragestunde des Deutschen Bundestags am 12.12.2018 hat der Faktionsvize von Bündnis90 / Die Grünen Oliver Krischer die Bundeskanzlerin Angela Merkel noch mal auf die Beschlüsse des CDU-Bundesparteitags zur Deutschen Umwelthilfe (DUH) angesprochen. In der Antwort kündigte sie an, dass man sich die DUH nun „regierungsseitig anschauen“ wolle. Die Frage nach den gesetzlichen Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten blieb offen.
- Der Vize-Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, fordert einen Förderstopp – und sieht insbesondere die Union am Zug, diesen innerhalb der Bundesregierung durchzusetzen. „Wie soll man denn den Bürgern erklären, dass ein Staatssekretär der Bundesregierung die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe in Frage stellt, der wirtschaftspolitische Sprecher einer Regierungsfraktion sie gar semikriminell nennt, aber die Bundesregierung weiter munter Fördergelder an die DUH vergibt“, sagte Theurer dem Handelsblatt. „Wenn die Union es ernst meint, muss sie diesem Treiben ein Ende bereiten.“